935 'Moby Dick'

Aufbau:

Von allen Rennsportvarianten des 911 können nur einige wenige als echte Prototypen gelten, darunter vor allem der „Moby Dick“. Er entstand aufgrund einer konsequenten Auslegung des Gruppe 5-Reglements durch Norbert Singer für die Rennsaison 1978. Die wenigen Karosseriebleche, die um das aus Legierung bestehende Fahrwerk herumgebaut waren, dienten lediglich dazu, den Moby Dick als Mitglied der 911er-Familie auszuweisen.

Für den 935/78, wie die offizielle Bezeichnung des Wagens lautete, der ansonsten im gesamten Motorsport als Moby Dick bekannt war, wurde eine ganze Reihe von Komponenten neu entwickelt. Die dreiteiligen Bremssättel wurden durch eine größere Aluminiumversion aus einem Stück ersetzt. Ferner kamen eine größere Bremsscheibe zum Einsatz sowie ein neues, so genanntes „Upside-down“-Getriebegehäuse, das auch später für Kundenversionen der 935-Standardausführung verwendet wurde. Der Luftwiderstandsbeiwert der aerodynamisch optimierten Spezialkarosserie übertraf noch denjenigen des 917 Langheck Coupés, das in den Jahren 1970 und 1971 in Le Mans angetreten war.

Das Interessanteste am Moby Dick ist jedoch das Triebwerk. Der Sechszylinder-Turbomotor vom Typ 935/71 zeichnete sich durch einen Hubraum von 3,2 Litern, wassergekühlte Vierventilzylinderköpfe und einen Ladedruck von maximal 1,7 Bar bei bis zu 9000 U/min aus. Diese Motoren wurden privaten Teams nie zur Verfügung gestellt.

Der Moby Dick mit der Fahrgestellnummer 935-006 nahm 1978 an vier Läufen Teil. Er gewann auf Anhieb das 6-Stunden-Rennen von Silverstone, qualifizierte sich für die zweite Startreihe beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans vor zahlreichen, angeblich schnelleren Prototypen der Gruppe 6. Obwohl er in Bezug auf Höchstgeschwindigkeit vorne blieb, hatte der 935-006 mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen, die ihm letztlich nur den achten Platz in der Gesamtwertung ermöglichten. Beim Sechsstundenrennen von Vallelunga übernahm der 935-006 mühelos die Führung. Nur sieben Minuten trennten ihn vom Sieg, als ein Keilriemen der Einspritzpumpe riss. Das letzte Rennen für den 935-006 fand auf dem Norisring statt, wo ein defekter Bremskraftverteiler zum vorzeitigen Ausscheiden führte. Auch wenn die Resultate hinter den Erwartungen zurückblieben, zeigte sich doch, wie viel Potenzial in einem solchen Wagen steckte.

Für die Rennsaison 1979 wurde in Weissach ein neues Fahrgestell für den Moby Dick gefertigt. Der 935-007 sollte der letzte je gebaute Werks-935er werden. Leider wurde das Programm gestrichen und die Zusammenarbeit zwischen Martini und Porsche beendet. Das neue Fahrwerk des 935-007 hätte zwar das Gesamterscheinungsbild des Vorgängermodells beibehalten, doch war Norbert Singer dabei, eine effizientere Aerodynamik für die Karosserie zu entwickeln.

Nach dem Ende der Saison 1978, kam der 935-006 ins Porschemuseum und nahm nie wieder an einem Rennen Teil. Nach dem Rückzug von Porsche aus dem Langstreckenrennsport wurde 1979 das neue Fahrwerk des 935-007 in Korntal eingelagert, bis es im September 1988 an Kerry Morse aus Irvine im US-Bundesstaat Kalifornien verkauft wurde. Morse hatte fast vier Jahre lang versucht, den 935-007 zu erwerben, bevor dieser endlich von der Rennsportabteilung für private Kundenteams und somit zum Verkauf freigegeben wurde. Morse war persönlich vor Ort, als der 935-007 in eine große Holzkiste verpackt und zum Flughafen gebracht wurde, um nach Los Angeles transportiert zu werden.

Während Kerry Morse sich auf die Suche nach möglichst vielen Teilen für den Wagen machte, verblieb der 935-007 im Transportcontainer. Die Suche gestaltete sich umso schwieriger, als es sich bei sehr vielen Teilen des Moby Dick um Einzelstücke handelte. Reinhold Joest hatte zwei Fahrzeuge vom Typ Moby Dick anhand von Werkszeichnungen nachgebaut, allerdings waren die Joest-Fahrzeuge bis auf Teile der Karosserie stark verändert. So kamen luftgekühlte 935er-Motoren ohne die zusätzlichen Kühler, Leitungen und Spezialbefestigungen für den wassergekühlten Vierventilmotor zum Einsatz. Morse bestand darauf, dass der 935-007, falls er je fertig gestellt werden sollte, den korrekten wassergekühlten Motor mit einem Hubraum von 3,2 Litern haben musste.

Zwanzig Jahre später verkaufte Kerry Morse den 935-007 an Manfred Freisinger, Jr. und das Projekt, den letzten 935er Prototyp zusammenzubauen, kam endlich in Gang. Freisinger gelang es innerhalb kurzer Zeit, eingelagerte und längst vergessene Teile aufzuspüren. Darunter ein neuwertiger Originalsatz an Heckkarosserieteilen, die für Joest Racing hergestellt worden waren, und ein 3,2-Liter-Vierventil-Ersatzmotor vom 936-006 samt dem richtigen Getriebe. Nach der Vorlage einer beschädigten Frontpartie, die sich in Kalifornien fand, wurden neue Formen gefertigt. Kerry Morse steuerte einen neuwertigen Original-Kraftstofftank bei, die er in einem Lager in Weissach gefunden hatte. Freisinger hatte insofern Glück, als er bereits über die entsprechende Bremsanlage verfügte, da sein Vater eine großes Rennsportersatzteil-Kontingent von Porsche erworben hatte, ohne dass seinerzeit klar gewesen wäre, für welches Fahrzeug sie überhaupt gefertigt worden waren. Viele Komponenten der Aufhängung waren bereits vorhanden.

Die Auswahl der Martini-Originalfarben unterlag aufwändigen Recherchen, da der Moby Dick sich leicht von der damaligen Farbgebung von Martini-Rennwagen unterschied. Das Ergebnis ist hier zu sehen, und Manfred Freisinger wird keine Mühe scheuen, mit dem 935-007 an möglichst vielen Rennveranstaltungen für historische Fahrzeuge teilzunehmen.

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